Dieses Jahr begleiten wir die Dürrmenzer Weißstörche während der Brutperiode mit einem Internet-Tagebuch. NABU-Weißstorchbetreuer Dr. Stefan Bosch informiert in unregelmäßigen Abständen über neue Entwicklungen am Horst und über die Lebensweise, Gefährdung und Schutz dieser attraktiven, bekannten und beliebten Vogelart - und dem Wappenvogel des NABU!
Die aktuellesten Entwicklungen finden Sie gleich hier oben am Anfang dieser Seite!
12.02.204 - Erster Storch in Dürrmenz zurück!
Nachdem wir in 2022 und 2023 leider keinen Bruterfolg hatten, hoffen wir auf die neue Brutsaison 2024.
Am Rosenmontag ist in Dürrmenz der erste Weißstorch zurück! In diesem Jahr trafen bereits Ende Januar zahlreiche Störche in ihren Brutgebiete in der Rheinebene und Oberschwaben ein. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis auch an der Enz ein Storch ankommt. Die frühzeitige Rückkehr hängt mit dem veränderten Zugverhalten zusammen. Viele der Vögel ziehen nicht mehr bis Nordafrika, sondern verbringen die Wintermonate auf spanischen Müllkippen und Feldern. Während ihre weitgereisten Artgenossen aktuell (laut Trackingdaten) noch in Marokko verweilen, sind die in Spanien überwinternden im Frühjahr schneller und früher vor Ort und können sich die besten Brutplätze sichern. Für die Strecke von Zentralspanien oder Südfrankreich zu uns benötigen die Vögel etwa eine Woche. Afrika-Überwinterer sind dann ab der zweiten Februarhälfte zu erwarten. Und immer mehr Vögel verbringen inzwischen den gesamten Winter im Ländle, in Oberschwaben macht das etwa ein Drittel der Störche aus.
Die diesjährige Erstbeobachtung am Dürrmenzer Horst liegt zehn Tage früher als im Vorjahr. Bei dem nun beobachteten Vogel handelt es sich um einen männlichen Storch. Zwei Drittel der Männchen kommen üblicherweise einige Tage vor den Weibchen an ihren angestammten Horst zurück. Der Vogel trägt keinen Ring, so dass man nichts über seine Herkunft sagen kann. Allerdings war das bisherige Horstpaar immer unberingt. In den kommenden Tagen und Wochen ist mit der Rückkehr weiterer Störche, viel Begrüßungsgeklapper und Renovierungsarbeiten am Nest zu rechnen. Das Interesse eines Frührückkehrers am Dürrmenzer Horst ist sehr erfreulich, auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch lange nichts entschieden ist. In den nächsten Wochen kann es noch Kämpfe um Brutplatz oder Weibchen, durchziehende Störenfriede und Umverpaarungen geben. Aber offenbar zählt Dürrmenz zu den begehrten Horsten und das ist auf jeden Fall vielversprechend für die anstehende Brutsaison.
21.05.2023 - Wechselnde Besetzungen
Die Geschichte geht weiter, völlig verlassen ist der Horst noch nicht: Gestern Nachmittag saß ein fremder Storch wie brütend im Nest. Nach einiger Zeit kam ein Storchenpaar (vermutlich das gescheiterte Brutpaar) angeflogen, vertrieb den Eindringling, besetzte den Horst mit Abwehrgesten, intensivem Klappern und kopulierte sogar einmal. Heute Morgen ist der Horst leider wieder leer…
18.05.2023 - Ausgeklappert?
Die letzten Tage haben die bedauerliche Gewissheit gebracht, dass es auch dieses Jahr höchstwahrscheinlich keinen Storchennachwuchs in Dürrmenz geben wird. Während in vielen anderen Horsten im Land -unter anderem auch am Naturparkzentrum Zaberfeld- der Nachwuchs die Köpfchen über den Nestrand reckt, regt sich im Nest beim Mühlacker Bauhof leider nichts.
Am Muttertagswochenende hatte das veränderte Verhalten der Elternvögel noch vermuten lassen, dass Jungvögel geschlüpft sein könnten, obwohl das nach grober Schätzung eine ungewöhnliche lange Bebrütungszeit bedeutet hätte. Wegen dieses ungewöhnlich langen Zeit beobachtete ich in den letzten zwei Wochen regelmäßig mit Sorge und Zweifeln am Nest. In den letzten Tagen ist der Horst nun immer wieder über längere Zeit verlassen oder die beiden Störche standen ziemlich unbeteiligt auf dem Nestrand. Nach geschäftiger Brutpflege, die jetzt eigentlich stattfinden müsste, sah das nicht aus. Über die Kamera war in den letzten Tagen nachts ein anwesender Storch zu sehen und heute am Himmelfahrtstag waren vorübergehend zwei Störche im Horst, die intensiv balzten, dann aber wieder abgeflogen sind. Ob es sich um die bisherigen Nestinhaber handelt, lässt sich nicht eindeutig sagen, da auch diese Vögel nicht beringt waren. Neben „unserem Männchen“ könnte möglicherweise eine andere Partnerin an seiner Seite gewesen sein oder es handelte sich um fremde Störche, die sich für den frei gewordenen Horst interessierten. Aber für eine Spät- oder Zweitbrut ist es in der zweiten Maihälfte reichlich spät.
Da man nicht ins Nest schauen kann, ist eine Interpretation der Ereignisse nicht einfach. Naheliegend erscheint das Wetter mit den immer wieder kurzen, aber heftigen Regenfällen. Kälte und vor allem Nässe sind extrem ungünstige Faktoren für Eier und frisch geschlüpfte Nestlinge in Storchenhorsten. Besonders wenn zusätzlich Nistmaterial oder Plastikabfälle zu Nässestau im Horst führen, können Bruten in dieser Phase leicht scheitern. Weitere Erklärungen wären Störungen durch andere Störche, eventuell inklusive Partnerwechsel. Allerdings konnte ich dazu nichts beobachten und habe auch keine Hinweise erhalten. Dass es an der Strahlung des Sendemastes liegt, halte ich für unwahrscheinlich, denn mittlerweile sind Mobilfunkmasten in Europa und Afrika vielerorts genutzte und erfolgreiche Neststandorte. Aber der Dürrmenzer Horst ist nicht völlig verwaist: Im Geäst nisten wieder Haussperlinge, die eifrig ihre Jungen füttern. Meistens fliegen sie im Kamerabild auf der linken Seite ein und aus.
08.04.2023 - Es wird gebrütet
Das Brutgeschäft hat begonnen, seit Ende März sitzen die Störche regelmäßig auf dem Nest. Damit besteht Hoffnung auf eine neue Brut und neuen Nachwuchs!
21.03.2023 - Ein neues Brutpaar
In Dürrmenz hat sich wieder ein Storchenpaar gefunden. Beide Vögel sind unberingt, deshalb bleibt unklar, woher die beiden stammen. Möglicherweise handelt es sich um Vögel aus den Vorjahren, denn es ist bei Störchen durchaus üblich, dass Brutpartner im Winter getrennte Wege gehen und sich nach der Winterpause wieder am vorjährigen Nest treffen und erneut verpaaren.
Aktuell stehen Nestbau und Kopulieren eindeutig im Vordergrund. Beide Störche schleppen im Schnabel Äste, Zweige und große Grasbüschel herbei und verbauen sie im Horst auf dem Mobilfunkmasten. Zudem paaren sich die beiden seit mindestens einer Woche regelmäßig, indem das Männchen seine Partnerin in einem waghalsig anmutenden Balanceakt besteigt. Das lässt darauf schließen, dass im Weibchen Eier heranreifen, die befruchtet werden müssen und vermutlich liegen erste Eier bereits im Nest. Richtiges regelmäßiges Brüten ist momentan noch nicht erkennbar, wird aber demnächst beginnen.
Dennoch verläuft das Familienleben nicht völlig ungestört: Derzeit tauchen an vielen Brutplätzen nest- und partnerlose Störche auf, die über den besetzten Horsten provokante Runden drehen und die Brutpaare stressen. Sobald sich ein vermeintlicher Konkurrent dem näheren Luftraum des Nestes nähert, führt das zu heftigen Verteidigungsreaktionen der Brutpaare mit Flügelschlagen und lautem Klappern. Solche Aktionen testen die Entschlossenheit, Einheit und Verteidigungsbereitschaft der Brutpaare, können aber auch zu „feindlichen Übernahmen“ eines Brutpartners oder des Horstes oder sogar zur Aufgabe des Nestes führen.
Überhaupt sind Störungen sehr kritisch und unbedingt zu vermeiden. Immer wieder bekomme ich Vorschläge mal kurz mit der Drohne übers Nest zu fliegen. Doch Drohnenflüge sind eine Katastrophe für einen Storchenhorst. Sie stellen schwerwiegende Störungen dar, die die Störche in Panik versetzen. Andernorts führten sie zum dauerhaften Scheitern von Bruten oder dauerhafter Ansiedlungen. Außerdem sind sie in Nestnähe verboten und werden juristisch verfolgt. Wir verzichten deshalb bewusst gänzlich auf diese Methode. Der Dürrmenzer Brutplatz hat die besondere Situation, dass man eben nicht in die Nestmulde schauen kann. Wir müssen uns gedulden, die Neugier zügeln und uns nach dem Schlupf überraschen lassen! In der Umgebung des Horstes herrscht derweil aber anderer reger Flugverkehr. Neben Störchen sind im Bereich Löffelstelz und Senderhang regelmäßig Mäusebussarde und Rotmilane unterwegs und über der Enz flog dieser Tage sogar die erste Rauchschwalbe, die aber kenntlich noch keinen Sommer macht.
2023 - es geht weiter - Der erste Storch ist wieder da!
Mit der Erstsichtung am 22. Februar war der erste Storch fast auf den Tag genau wie im letzten Jahr in Dürrmenz eingetroffen (damals Erstsichtung am 20.02.2022). Es ist auf jeden Fall sehr erfreulich, dass sich wieder ein Weißstorch für den Horst interessiert, das lässt auf einen neuerlichen Brutversuch hoffen.
Allerdings ist bis zu einer festen Verpaarung und einem Brutbeginn noch viel Dynamik und Veränderung möglich: Störende Durchzügler, Auseinandersetzungen um den Horst, Kämpfe um Brutpartner und Partnerwechsel sind nicht auszuschließen und hatten wir ja im vergangenen Jahr auch schon teilweise erlebt. Dennoch wird sich die Lage hoffentlich bis etwa Mitte März geklärt haben und in eine normale Brut münden, drücken wir die Daumen!
Wir berichten wieder über den Fortgang des Brutgeschehens an dieser Stelle!
Übrigens ist auch die Webcam der DCG-Gemeinde Dürrmenz wieder online.
Donaumoos Juli 2022: Dürrmenzer Jungstorch gesichtet!
Von einem der beiden im Sommer 2021 auf dem Dürrmenzer Mobilfunkmasten geschlüpften Jungstörche gibt es ein Lebenszeichen. Wie die Beringungszentrale der Vogelwarte auf Anfrage mitteilte, wurde der Dürrmenzer Storch mit der Endnummer 23 am 30. Juli und damit ein gutes Jahr nach seiner Beringung gesichtet. Und zwar in der Nähe des Donaumooses im oberbayrischen Karlskron (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) südlich von Ingolstadt. Aufgrund der Beobachtungsmitteilung ist er offensichtlich wohlauf und es geht ihm gut. Somit hat er das erste Lebensjahr offenbar unbeschadet überstanden. In der Vogelwelt ist das eine gute Voraussetzung für ein langes erfolgreiches Vogelleben.
Bereits im Nest war Nummer 23 stets der aktivere, flugfreudigere und unternehmungslustigere Jungstorch gewesen. Bei ihm gab es keine Bedenken, dass er die Schritte ins Leben meistern wird. Obwohl bei ihm im August letzten Jahres eine unklare Schwellung am Ansatz des Unterschnabels auffiel und damals Sorge bei vielen Beobachtern auslöste, scheint ihn dies doch nicht weiter beeinträchtigt zu haben. Vermutlich handelte es sich doch nur um anhaftende Erde, die wieder abgefallen ist.
Ein Ringablesung ist natürlich nur eine Momentaufnahme. Wie und wo der Jungstorch die letzten zwölf Monate verbracht hat, bleibt sein Geheimnis. Wahrscheinlich ist er zunächst mit anderen Jungstörchen im Südwesten umhergetingelt, wie es viele süddeutsche Störche in den ersten zwei Monaten nach Verlassen des Horstes tun. Dann dürfte er zwischenzeitlich in Südspanien oder Nordafrika überwintert und diesen Sommer Süddeutschland als Nichtbrüter durchstreift haben. Dabei führte ihn der Weg auch ins oberbayrische Donaumoos. Von seinem Nestgeschwister mit der Nummer 25 liegen bisher keine neuen Sichtungen bzw. Nachrichten vor, was aber nichts Negatives bedeuten muss, da Rückmeldungen von Ringablesungen selten sind. Jedenfalls ist es sehr erfreulich, dass es nach fast 90 Jahren (letzte Brut 1932) wieder einen Jungstorch gibt, der es von Mühlacker hinaus in die weite Welt geschafft hat.
25. Mai 2022 - Wohl keine Jungstörche in 2022
Im Storchennest in Dürrmenz stimmt etwas nicht. Aufgrund unserer Beobachtungen und groben Hochrechnung hätten bereits in der ersten Maiwoche die Küken schlüpfen müssen und sie müssten mittlerweile auch zu sehen sein. Aber jetzt Ende Mai zeigen die Altvögel immer noch kein Verhalten, das auf die Versorgung von Jungstörchen im Nest schließen lässt.
Eigentlich hatte die Saison optimal begonnen: Die Vögel kehrten frühzeitig zurück, verteidigten erfolgreich den Horst und kopulierten Anfang April intensiv. Nun ist die Bebrütungszeit von ca. 30 Tagen bereits um Wochen überschritten. Nach wie vor sitzt zwar ein Storch unermüdlich brütend im Nest, jedoch ohne offensichtlichen Erfolg. Oft stehen auch beide Störche etwas unbeteiligt im Nest, hantieren geschäftig mit Nestmaterial oder geben sich der ausgiebigen Gefiederpflege hin. Wären Jungvögel da, hätten sie dafür kaum Zeit. Außerdem haben wir in den letzten Wochen sowohl ein beschädigtes Ei als auch Eischalenreste unter dem Nest gefunden.
Über mögliche Ursachen für einen Misserfolg der Brut kann man nur spekulieren. Die Witterung während der Brutzeit war moderat ohne extreme Kälte oder Niederschläge. Beutegreifer dürften auch ausscheiden, denn sie haben es schwer vom Boden aus das Nest zu erreichen und oben war der Horst nahezu durchgehend von einem Altvogel bewacht. Naheliegende Erklärungen sind entweder ein unerfahrenes Paar und/ oder ein junges Weibchen. Junge Storchenweibchen legen häufiger Eier, aus denen keine Küken schlüpfen. Auch andere Gründe können zu „tauben“ Eiern führen. Da beiden Brutstörche nicht beringt sind, wissen wir jedoch nichts über deren Alter und Lebensgeschichte. Möglicherweise wurden die unbefruchteten Eier von den Storcheneltern als solche erkannt und aussortiert, was die Eischalenfunde erklären könnte. Zudem gab es Störungen durch andere Störche, die immer wieder den Horst anflogen. Sich daraus entwickelnde Nestkämpfe können den Bruterfolg ebenfalls sabotieren. Ob aus solchen Attacken heraus ein Partnerwechsel stattgefunden hat, können wir weder ausschließen noch wurde er beobachtet.
Da Störche nur einmal im Jahr brüten und Nachgelege selten sind, wird es für dieses Jahr immer unwahrscheinlicher, dass in Dürrmenz noch Jungstörche großgezogen werden. Da Störche bis in den Juli in „Brutstimmung“ sind, kann es gut sein, dass auch in den nächsten Wochen noch ein Storch brütend im Nest sitzen wird, wenn auch ohne Bruterfolg. Wir werden weiter aufmerksam verfolgen, ob es neue Entwicklungen am und im Nest gibt.
13. Mai 2022 - Unklarheiten
Im Zaberfelder Nest recken bereits Jungstörche ihre Schnäbelchen in die Höhe und betteln nach Futter. Doch unsere Dürrmenzer Störche geben derzeit Rätsel auf. Eigentlich müssten in den letzten Tagen längst die Jungstörche geschlüpft sein. Aufgrund unserer Beobachtungen und groben Schätzung wäre etwa Anfang Mai mit dem Schlupf zu rechnen gewesen. Doch das Verhalten der Altvögel lässt immer noch nicht darauf schließen, dass sich Küken im Nest befinden. Wir beobachten weiter und hoffen, dass noch alles „im Rahmen“ verläuft und wir uns nur mit dem Termin veschätzt haben. Vielleicht bringt das anstehende Wochenende mehr Klarheit.
Vom 13. - 15. Mai ist wieder die bundesweite Gartenvogelzählung „Stunde der Gartenvögel“ – zählen Sie mit!
2. Mai 2022
In der ersten Maiwoche wird es spannend, denn jetzt ist Nachwuchs bei Familie Storch angesagt! Rechnerisch ist in diesen Tagen nach etwa 30 Tagen brüten das Schlüpfen der Jungstörche zu erwarten. Noch deutet das Verhalten der Altvögel nicht auf tiefgreifende Veränderungen im Nest hin. Auch im Nest selbst sind keine „verdächtigen“ Beobachtungen zu machen, weder über die Webcam noch mit dem Fernrohr vom Senderhang aus.
Regelmäßig sind die Weißstörche bei der Gefiederpflege und beim Umgestalten und Putzen des Nestgrundes zu beobachten. Und Plastikmüll bleibt ein Thema: Über das Wochenende fand leider ein größeres Stück zerfledderte Kunststofffolie den Weg ins Nest. Immer wieder arbeiteten die Störche daran, entfernt haben sie es bislang nicht. Bleibt zu hoffen, dass es weiterhin am Nestrand verbleibt und nicht am Nestboden bei Regen zu Staunässe führt, die die frisch geschlüpften Küken bedrohen kann. Gerade in den ersten Tagen nach dem Schlupf sind sie besonders anfällig für Nässe und Kälte. In den letzten Tagen war es eher warm. Da saß der brütende Storch immer wieder hechelnd, also mit geöffnetem Schnabel im Nest, um sich damit etwas Kühlung zu verschaffen.
1. Mai 2022 - Neues Müll-Problem
Leider wieder ein Plastikmüll-Problem, diesmal nicht in der Nahrung (siehe unten), sondern im Nest. Plastikmüll kann die Jungvögel gefährden: Bänder, Schnüre etc. führen zu Verletzungen, Stranguationen und Schnabelum-wicklungen. Folienstücke wie in diesem Fall können am Nestboden zum Stau von Regenwasser beitragen, was zur Unter-kühlung und zum Tod der Brut führen kann. Bei der mit Pfeil markierten Stelle handelt es sich nicht um Storchenfedern, sondern um die zerfledderte Plastikfolie. Deshalb nochmals: Plastikmüll vermeiden und die Landschaft sauber halten!
Ostern 2022
Passend zu Ostern liegen alle Eier im Nest und werden bebrütet. Das Gelege dürfte vollständig sein und in den nächsten Wochen steht das eher unspektakuläre Brutgeschäft auf dem Programm. Auf den ersten Blick sieht der Horst verlassen aus, erst bei genauem Hinsehen erkennt man den Kopf des tief in der Nestmulde hockenden Storches. Am Brutgeschäft beteiligen sich beide Partner, die sich regelmäßig ablösen. Solche „Wachablösungen“ kann man jetzt täglich mehrfach am Horst verfolgen, wenn ein Partner ankommt, der brütende Vogel aufsteht, beide kurz beieinanderstehen und der abgelöste Storch dann Richtung Enzauen abfliegt. Brutpausen sind wichtig und werden zur Gefiederpflege, Nahrungssuche und „Durchbewegen“ genutzt. Oft steht das Männchen neben dem brütenden Weibchen im Horst. Auch nachts kann man über die Webcam regelmäßig einen verborgen brütenden und einen danebenstehenden Storch beobachten.
Ablösung beider Brutpartner am Horst
Anfang April 2022: Brutbeginn bei Schnee
Wettermäßig hat der April vielseitig begonnen: Schnee bis in die Tieflagen, frostige Nächte, Wind und Sturm. Andernorts wurden sogar Horste weggeweht. Trotz der Wetterkapriolen geht das Storchenleben am Dürrmenzer Mobilfunkmasten seinen Gang.
Seit Anfang April hat sich das Verhalten der beiden Störche deutlich verändert: Ein Storch sitzt seit dem 3. oder 4. April tief und regelmäßig in der Nestmulde – es müssen also die ersten Eier im Nest liegen und die Bebrütung hat begonnen! Dabei gilt Arbeitsteilung, denn beide Brutpartner brüten. Und es wird ständig am Horst gearbeitet: Äste neu anordnen, neue Grasbüschel verbauen etc.
Mit dem Schlupf der ersten Jungstörche ist in der ersten Maiwoche zu rechnen – sofern alles passt: Nahrung für die Eltern, Wetter ohne Sturm und Starkregen, keine Störenfriede am Nest mehr usw.
< Während der Sender vor dem Schnee-Wochenende in den Regenwolken verschwindet, haren die Störche auf dem Nest aus.
Störche und Plastikmüll
Die Beobachtung des Dürrmenzer Storches weist auf ein Umweltproblem hin, dem Wildtiere und Menschen ausgesetzt sind: Plastikmüll. Unfreiwillig futtert laut einer australischen Studie jeder von uns pro Woche fünf Gramm Mikroplastik, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht.
Für viele See- und Landvögel spielt Plastikmüll eine dramatische Rolle: Ähnelt der Müll der Vogelnahrung wie z.B. einem Wurm, einer Schlange oder einem kleinen Fisch, verzehren die Vögel die vermeintliche Beute, fühlen sich gesättigt und haben doch nur unverdaulichen Müll im Magen. Auch das Storchenmännchen in Dürrmenz versuchte sich auf dem Kompost an einem großen grünen Gummiring, den es nach vielen Versuchen verschluckt hat. Einen Mund-Nasen-Schutz hatten wir ja letztes Jahr schon im Nest gefunden. Müll in Vogelnestern kann zu tödlichen Verhedderungen und Strangulationen führen. Deshalb bitte: Plastik vermeiden und die Landschaft sauber halten!
Anfang März 2022
Für den Dürrmenzer Horst interessierten sich ab Mitte/ Ende Februar mehrere Störche. Ein Männchen paarte sich am 3. März mit einem Weibchen auf dem Nest. Der beringte männliche Storch schlüpfte 2018 im Kreis Ludwigsburg ebenfalls auf einem Mobilfunkmasten aus dem Ei (also ein Vogel mit „Mobilfunk-Erfahrung“).
Allerdings konnte man bislang nur davon sprechen, dass Störche anwesend sind, denn die Besitz- und Partnerschaftverhältnisse sind keinesfalls geklärt. Sie wechselten in den letzten Wochen mehrfach.
Wechselnde Verhältnisse
Anfang März thronte ein beringter männlicher Storch im Nest. Er schlüpfte 2018 im Kreis Ludwigsburg ebenfalls auf einem Funkmasten, hatte also bereits „Mobilfunk-Erfahrung“. Bezüglich seiner unberingten Partnerin bestand Unklarheit, da sie nicht regelmäßig am Nest und in Nähe des Männchens zu sehen war. Möglicherweise hat hier ein Partnertausch stattgefunden. Seit letzter Woche halten sich zwei unberingte Störche regelmäßiger am Nest auf und übernachten auch dort gemeinsam. Ob es sich um das letztjährige Brutpaar handelt, kann man wegen fehlender Markierungen nicht zweifelsfrei sagen. Möglich wäre es zumindest.
Streit ums Nest
Ein Eindringling versuchte tagelang auf dem von zwei Störchen besetzten Horst zu landen. Gemeinsam verteidigten beide Partner diese Attacken mit Klappern, Fauchen und Flügelrudern und waren offenbar erfolgreich. Solche Störenfriede, die die Fitness des Nestbesitzers antesten und das Nest oft samt dem Weibchen übernehmen wollen, gibt es immer wieder. In der Regel verteidigen beide Brutpartner ihr Nest erfolgreich, nur selten kann es auch zu blutigen, selten auch tödlichen Scharmützeln kommen. Von daher erleben wir nun das volle Programm aus dem Leben der Störche!
Der Eindringling ist übrigens beringt und im Enztal kein Unbekannter. Er ist vier Jahre alt, stammt aus einem nordbadischen Horst und verbrachte den Herbst 2020 bei Vaihingen und 2021 bei Lomersheim in den Enzauen. 2021 hatte er bei Forst erfolglos gebrütet. Erfahrungsgemäß treten erfolglose Brutstörche gerne als Neststörer in Erscheinung. Neben seinen Flugattacken Richtung Horst wartete er lange Zeit provokant in Sichtweite, um eine passende Gelegenheit zum nächsten Anflug abzupassen. Die nächsten Tage werden zeigen, ob das anwesende Storchenpaar den Dürrmenzer Horst dauerhaft in Besitz behalten kann oder ob sich erneute Verschiebungen ergeben…
Erfreulicherweise hat die DCG Gemeinde wieder die Webcam aktiviert, so dass man die Dürrmenzer Störche wieder online live miterleben kann.
< Der Störenfried bei einer seiner Flugattacken auf den Horst. Das Butpaar verteidigte das Nest aber erfolgreich.
Februar 2022 - Die ersten Störche treffen ein
Die Storchensaison begann bereits ziemlich früh Mitte Februar. Da einige Störche bei den zunehmend milden Wintern in Mitteleuropa verbringen und viele Störche wegen des dort guten Nahrungsangebotes nur bis Spanien und Südfrankreich wandern, kehren viele von ihnen auch frühzeitig an die Brutplätze zurück. Auch einige Senderstörche flogen in sechs bis acht Tagen von Westafrika ins Rheintal.
Januar 2022 - Publikumsliebling Storch
Wir freuen uns sehr, dass die Weißstörche bei der Wahl zum Foto des Jahres 2021 im Mühlacker Tagblatt das Rennen gemacht haben. Zeigt das Ergebnis doch das große Interesse und die Anteilnahme der Bevölkerung an diesem „Naturereignis“.
Bruterfolg nach fast 90 Jahren Pause
Nach fast 90 Jahren unternahmen Weißstörche im Sommer 2021 wieder einen erfolgreichen Brutversuch in Mühlacker. Als Neststandort wurde der Mobilfunk-sendemast auf dem Gelände des Mühlacker Bauhofes gewählt, der in unmittelbarer Nähe zur Enz und ihrer Wiesenlandschaft liegt.
Die Störche legten vermutlich drei Eier. Ein Jungvogel überlebte das Kükenstadium nicht. Zwei Jungstörche wurde erwachsen, wurden beringt und flogen im August erfolgreich aus.
Für die Begleitung der Brut und die Durchführung der Beringung gilt herzlicher Dank dem Bauhof Mühlacker, den Betreibern der Mobilfunkanlagen, den Stadtwerken und der Feuerwehr Mühlacker, dem Mühlacker Tagblatt und der DCG-Gemeinde Dürrmenz für die Live-Stream Webcam.
Wo sind unsere Störche im Winter?
Weißstörche überwintern in Südwesteuropa und Nordafrika oder südlich der Sahara. Da das Nahrungsangebot auf der iberischen Halbinsel gut ist, verzichten viele der Langstreckenzieher auf eine Überquerung der Straße von Gibraltar und bleiben in Europa. Aus diesem Grund befinden sich die Bestände der "Westzieher", zu der auch die Dürrmenzer Störche zählen, im Aufwärtstrend.
Ein Hinweis auf das Zugverhalten baden-württembergischer Störche gibt der besenderte Storch namens Wiesenmann aus dem Raum Bruchsal, der sich im August eine Woche in den Enzauen aufgehalten hat (Foto unterste Zeile links). Er befindet sich derzeit in Marokko nahe Casablanca im Winterquartier (Position Mitte Oktober 2021, Daten werden ggf. aktualisiert).
Tierwanderungen sind gefährlich. Störche erleiden auf dem Zug teilweise erhebliche Verluste durch Kollisionen mit Stromleitungen, direkte Verfolgung und Umweltgifte. Drücken wir die Daumen, dass unsere Brut- und Jungstörche wohlbehalten zurückkehren und die Bruttradition in Mühlacker fortsetzen!
Text und alle Fotos (C) Stefan Bosch