Die Weißbeerige oder auch Laubholzmistel blüht zwischen Februar und April grüngelb und trägt im Herbst erbsengroße, glasig-weiße, fleischige Scheinbeeren, die bei vielen Vogelarten als Winternahrung begehrt sind und die die Samen enthalten.
Neben der in den Wäldern des Strombergs heimischen und verbreiteten Misteldrossel fressen und verbreiten weitere 20 Vogelarten Mistelsamen, darunter Star, Mönchsgrasmücke und Wacholderdrossel. Über Vögel gelangen Mistelsamen in die Baumkronen, wo sich die immergrünen, kugelförmigen Mistelbüsche entwickeln.
Ein zusätzlicher Ausbreitungsmechanismus ist das „Abtropfen“ von Samen innerhalb eines befallenen Baumes auf tieferliegende Äste.
Dazu platzen die Beeren im Winterhalbjahr auf und entleeren eine spezielle klebrige Substanz, die sich zu langen Fäden entrollt, an denen die Samen wie an einer
Kette oder in einer Seilschaft baumeln und aus der Baumkrone herabhängen. Diese Mistelschnüre breiten sich innerhalb eines Baumes oder per Wind auch auf Nachbarbäume aus und finden dank der
Haftfähigkeit guten Halt auf Ästen und Zweigen.
Die Mistel keimt und beginnt nach einem Jahr mit ihren Saugwurzeln dem Wirtsbaum lebenswichtiges Wasser und Nährstoffe zu entziehen. Die Mistel betreibt als so genannter Halbschmarotzer zwar selbst Photosynthese, benötigt aber zusätzlich Wasser und Nährstoffe des Wirtsbaumes.
Mistelschnüre, wie sie im Winterhalbjahr von Mistelbüschen herabhängen
In Verbindung mit dem klimawandelbedingten sommerlichen Hitzestress, Trockenheitsperioden und anderen Baumkrankheiten (wie dem Rindenbrand) schwächt starker Mistelbefall die Streuobstbäume mit Ertragsminderung oder bis in den Tod.
Viele Bäume im östlichen Enzkreis sind inzwischen erheblich „vermistelt“, manche so stark, dass sie mitsamt den Misteln absterben.
Besonders betroffen sind Apfelbäume, nach unseren Feststellungen im Raum Sternenfels aber auch Eberesche, Pappel, Weide, Weißdorn, Birke, Haselnuss, Linde und selbst die Birne, die bislang als resistent gegenüber Mistelbefall galt.
Streuobstwiesen sind im hier im Südwesten immer noch vielerorts landschaftsprägend und wertvolle Hotspots der Artenvielfalt für über 5000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Um sie als Lebensraum zu erhalten, müssen Streuobstbäume regelmäßig geschnitten und dabei die Misteln entfernt werden.
Die Pflanze ist bei uns nicht besonders geschützt und kann bedenkenlos entfernt werden. Man kann sie auf dem eigenen Grundstück bzw. mit Einverständnis des Grundstückseigentümers in der Vorweihnachtszeit oder den ganzen Winter über an frostfreien Tagen schneiden, um die Vitalität der Bäume zu erhalten.
Besonders in der Adventszeit sind Misteln als attraktiver und nachhaltiger Adventsschmuck sowie zum Basteln begehrt.
Starke Vermistelung einer Linde bei Diefenbach
Hinweise zur Mistelentfernung
Der NABU rät Baumbesitzerinnen und -besitzern, nicht zimperlich mit der Mistel umzugehen. Hat sich die Pflanze an einem Baum ausgebreitet, sollten nachwachsende Misteln systematisch, alle zwei bis drei Jahre, entfernt werden. Da sie erst nach vier Jahren Beeren mit Samen tragen, wird die Vermehrung so gestoppt.
Je nach Wuchsstadium der Mistel bietet sich folgendes Vorgehen an:
Soll ein Baum saniert werden, müssen stark befallene Äste komplett entfernt oder mindestens 30 bis 50 Zentimeter ins gesunde Holz zurück abgesägt werden. Bei kleinem Befall können Pflanzen samt Wurzeln mit einer Kerbe tief ins Holz ausgeschnitten werden. Die Wurzeln der Misteln sind als grünlich verfärbte Stellen im Holz erkennbar. Diese sollten vollständig entfernt werden. Holen Sie ggf. Rat und Informationen bei örtlichen Obstbauberatungen, Streuobstinitiativen und Baumpflegefachwarten.
Hochstämmige Obstbäume bieten mit ihren Baumhöhlen Höhlenbrütern wie dem seltenen Wendehals, Halsbandschnäpper oder Gartenrotschwanz Brutplätze, um im Frühjahr den Nachwuchs aufzuziehen. Daher ist es wichtig, stark geschädigte oder verlorene Hochstämme wieder durch Hochstämme mit mindestens 180 Zentimetern Stammhöhe zu ersetzen, in Zeiten des Klimawandels möglichst mit hitzeresistenten Sorten. Bäume mit niedrigerer Stammhöhe sind zwar im unteren Bereich leichter zu beernten, helfen den Höhlenbrütern aber nicht, da Spechte dort keine Bruthöhlen zimmern können.
In Regionen mit erheblicher Ausbreitung und offensichtlichen negativen Folgen für die Wirtsbäume gilt es die Ausbreitung die Mistel zurückzudrängen.
Ein Ausrotten erscheint kaum möglich und ist auch nicht sinnvoll, denn Misteln haben durchaus wichtige ökologische Funktionen: Sie sind eine wichtige Vogelnahrung im Winter, Heimat hochspezialisierter, nur in Mistelbüschen lebender Insekten und sie erhöhen nachweislich die Pflanzenvielfalt unter dem Baum, wenn in der Baumkrone Vögel die Mistelbeeren fressen und dabei Kot mit Samen anderer Pflanzen fallen lassen...
(C) Text & Fotos Stefan Bosch