Lebensraum Kirche: Heilig-Kreuz-Kirche in Diefenbach Foto: S. Bosch
Viele Vogelarten siedeln sich gerne in der Nähe des Menschen an. Turmfalken, Dohlen, Fledermäuse oder Schleiereulen nutzen Kirchtürme und andere Gebäude in Städten
und Dörfern als Ersatz für natürliche Bruthöhlen in Felsen oder Bäumen. Viele der Arten leiden jedoch darunter, dass Brutmöglichkeiten in den Siedlungen zunehmend verloren gehen. Bei
Kirchturmsanierungen werden zum Beispiel Einfluglöcher oder Brutnischen verschlossen oder Gitter zur Abwehr von Tauben angebracht. Auch kleine Arten wie Spatz oder Hausrotschwanz stehen dann vor
verschlossener Tür.
Der NABU setzt sich mit der Aktion „Lebensraum Kirchturm“ für die Sicherung von Nistplätzen bedrohter Arten ein. Kirchen, die sich besonders für den Artenschutz
einsetzen, werden mit einer Urkunde ausgezeichnet und erhalten eine Plakette, die sie an ihrer Kirche anbringen können.
Auch unsere NABU-Gruppe beteiligt sich an der Aktion: zunächst nehmen wir Kontakt mit dem zuständigen Pfarramt oder dem Gemeinderat auf. Meist vereinbaren wir eine gemeinsame Begehung und entscheiden dann, ob aus Naturschutzsicht Handlungsbedarf besteht, um Turmfalke, Schleiereule und Fledermaus auf Dauer „Kirchenasyl“ zu gewähren: Gibt es genug Einflugmöglichkeiten für die Tiere? Nisten bereits Fledermäuse, Schleiereulen oder Turmfalken? Wie könnten die Quartierbedingungen für Turmfalke und Co. verbessert werden? Dann bringen wir Nisthilfen in und an Kirchtürmen an und schaffen damit wichtige Brutmöglichkeiten und sorgen gleichzeitig dafür, dass der Innenraum des Kirchturms sauber bleibt. Die engagierte Kirchengemeinden zeichnen wir dann für ihren Einsatz mit der Plakette und Urkunde Lebensraum Kirchturm aus.
Eine Übersicht über alle Kirchen, die seit Beginn der Aktion 2007 mit der NABU-Plakette „Lebensraum Kirchturm“ ausgezeichnet wurden und so vielen seltenen Tiere wie Fledermäusen und Schleiereulen einen Lebensraum bieten finden Sie hier.
Beide Sternenfelser Kirchen ausgezeichnet
Nach der Auszeichnung von „schwalbenfreundlichen Häusern“ in Sternenfels hat der NABU auch die beiden evangelischen Kirchen in Sternenfels und Diefenbach mit dem Prädikat „Lebensraum Kirchturm“ bedacht als Dank und Anerkennung für die Bedeutung beider Gebäude als Tierquartier.
Zentral in Orten gelegene Gotteshäuser mit ihren hohen Glockentürmen und großen Dachräumen sind im Siedlungsraum ganz besonders wichtige und wertvolle Quartiere für Schleiereulen, Turmfalken, Dohlen, Weißstörche und verschiedene Fledermausarten. Da unsere Kirchengemeinde seit vielen Jahren schon Eulen und Falken als gefiederte Untermieter toleriert und ihnen mit speziellen Nisthilfen Quartier in beiden Kirchen gewährt, leistet sie damit einen wertvollen Beitrag zum Schutz unserer Vogelwelt und für den Natur- und Artenschutz. Leider ist es heute nicht mehr selbstverständlich, dass die genannten Tierarten in Gebäuden brüten können und in Siedlungen geeignete Lebensräume finden. Darum ist es umso wichtiger, die noch vorhandenen Brutplätze zu erhalten und auf deren Bedeutung hinzuweisen. Neben dem Quartierangebot bereichern viele Kirchenstandorte auch unser Siedlungsgrün mit Bäumen, Sträuchern und offenen Flächen, die in unseren Siedlungen durch Bebauungen immer seltener werden, obwohl sie für viele Tierarten unentbehrliche Lebens- und Nahrungsräume sind.
Mit der Auszeichnung „Lebensraum Kirchturm“ durch den NABU und den Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen zählen nun auch die Sternenfelser Michaelskriche und die Diefenbach Heilig-Kreuz-Kirche zu den inzwischen bundesweit über 1000 prämierten Gotteshäusern. In Baden-Württemberg sind bislang 233, im Enzkreis lediglich eine Kirche ausgezeichnet – Sternenfels ist also Nummer 2 und 3!
Dank und Anerkennung für den Beitrag unserer Kirchen zum Artenschutz gilt allen, die dazu in der Vergangenheit beigetragen haben und aktuell beitragen, insbesondere den Mesnerinnen und Mesnern.
Stefan Bosch